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5. Kapitel (17)

Letztere sind arme Hunde, oft treu, schnell zufrieden. Wer überall hingelangt, alles sieht und hört und sich auch noch darauf versteht, ihnen Informationen zu entlocken, für den sind sie von großem Nutzen. Das gelingt mit vielen Worten, guter Laune und etwas Gold. Als Della Torre und ich Matteo Visconti aus Mailand vertrieben hatten, zog er sich in sein verfallenes Schloß St. Columban in den Euganeischen Hügeln zurück und lebte von Brot und Zwiebeln. Plötzlich kam Della Torre der Verdacht, daß Matteo Geld aus Deutschland bekam und insgeheim Waffen und Männer auf seinem Schloß sammelte. Also schickte er nach einem Uomo di Corte, der damals sehr berühmt war – einem Marco Lombardi – und früher einmal Graf Ugolino sein künftiges Unglück prophezeit hatte. Er sagte zu ihm: ,Nun, mein guter Marco, wenn Ihr Euch einen Zelter und ein goldbesticktes Gewand wünscht, habe ich eine leichte Aufgabe für Euch. Wenn Ihr die erfüllt, bekommt Ihr beides. Begebt Euch – scheinbar zu Eurem persönlichen Ver...

5. Kapitel (16)

In ihrer Jugend werden Männer oft dazu verleitet, auf ihre Handlungen und ihr Schwert zu vertrauen, doch jeder Tag bringt neue Erfahrungen und zeigt uns, daß Menschen nur von Worten regiert werden, Worten, so leicht wie die Luft, die aber oft fähig waren, ganze Reiche zu stürzen. Man denke an die Triumphe der Päpste, die die Armeen ihrer Feinde zerschlagen haben und ihnen Rang, Besitz und Leben genommen haben – durch Exkommunikation und Bann – Worte. Doch wer die unendliche Macht der Worte kennt, sollte sie mit Bedacht verwenden – achtet nicht auf die Quantität, sondern auf die Qualität. Aber zurück zu unseren Werkzeugen – den Priestern und Uomini di Corte.

5. Kapitel (15)

Es gibt zwei Sorten von Männern in Italien, die oft handeln wie zweischneidige Schwerter. Sie wenden sich gegen ihren Herrn, und ihre Künste sind von unermeßlichem Nutzen, wenn es um geheime Verträge geht und um Korrespondenz mit dem Herzen des feindlichen Rates. Das sind die Priester und die Uomini di Corte . Die Priester sind am unzuverlässigsten und verlangen am meisten Geld. Aber ich habe es schon erlebt, daß sie zu ihrem Auftraggeber halten, wenn er ihnen viel Respekt und Unterwerfung erwiesen hat, und denjenigen verraten, der sie gut bezahlt hat, es aber an Schmeicheleien fehlen ließ.

5. Kapitel (14)

Aber wenn erst eine Armee gebildet wurde, die diszipliniert ist und Erfolg hatte, ist die Zeit gekommen, den Krieg gegen Verhandlungskunst einzutauschen und Euch Euren Weg zu bahnen wie ein Maulwurf, ohne Spuren zu hinterlassen, bis Eure Macht triumphierend dort zum Vorschein kommt, wo sie am wenigsten erwartet wird. Verteilt nicht verschwenderisch Gold, denn das bedeutet Macht, während Ihr es besitzt, aber Schwäche, wenn es sich in den Händen anderer befindet. Aber Bündnisse, Ehen, Ehrungen und Versprechen öffnen die Türen zu unseren Landsleuten. Mit diesen Mitteln kann ein einziger Herrscher Zwietracht und Verrat im Lager des Feindes säen. Das hat zu meinem Sturz geführt – daß ich nicht auf meine eigene Stärke, sondern auf die meiner Verbündeten vertraut habe.

5. Kapitel (13)

„Ihr, mein lieber Castruccio“, sagte Scoto, „werdet bald in Euer Heimatland zurückkehren, wo Euch dank Eurer Talente und Fähigkeiten eine glänzende Laufbahn offensteht. Ein Krieger, der Weisheit und Soldatentum vereinbaren kann, wird in Italien zumindest zeitweise Erfolg haben, und wenn er klug ist, wird er nicht unbedingt stürzen wie ich. Ein Befehlshaber in Italien sollte darauf achten, daß sein Gefolge hinter ihm steht und gut ausgerüstet ist, und dafür sorgen, daß seine Feinde ihn fürchten. Das ist der erste Schritt – ohne ihn ist die Macht auf Sand gebaut. Über viele Städte zu herrschen, bedeutet nichts im Augenblick der Gefahr, denn wenn man sie nicht mit Eisen im Griff hat, findet Gold seinen Weg in die Ratsversammlungen der Bürger. Wehe dem Herrscher, der nur durch den Volkswillen regiert, einen Willen, der unbeständiger und trügerischer ist als die berüchtigte Treulosigkeit der Frauen.

5. Kapitel (12)

Bisher war der junge Mann die Unschuld selbst gewesen und hatte nur an Ehre gedacht. Er trug das Herz auf der Zunge, sein Schamgefühl ließ ihn immer rechtzeitig vor Verrücktheiten zurückschrecken, und rohe Gewalttaten hätte ein so weichherziger Mensch wie er ohnehin nie begangen. Der Hof von England hatte seine moralischen Prinzipien etwas aufgeweicht, aber immerhin hatte er dort nicht Heuchelei und die Tricks eines Politikers gelernt. Immer noch war er zielbewußt und nicht vom Pfad der Tugend abgekommen. Aber neunzehn ist ein gefährliches Alter – wehe dem Jugendlichen, der sich einem fähigen Lehrmeister anvertraut! Anfangs hörte Castruccio Scoto nur mit halbem Ohr zu, aber die ständige Wiederholung und seine eigene Formbarkeit gaben dem Redner Macht.

5. Kapitel (11)

Die Punica fides hatte ihren Weg über das Mittelmeer gefunden; in italienischen Palästen schreckte man vor keiner Bosheit und Hinterlist zurück. Am Hof des Papstes kamen Höflinge und gerissene Politiker zum Vorschein wie aus einem vergifteten Brunnen, Menschen, die nicht zuließen, daß diese Kunst wegen Lehrermangels ausstarb. Scoto hatte mit dieser Politik mehr Erfolg gehabt als jeder andere, und nun weihte er Castruccio in die Geheimnisse dieser Künste ein.