1. Kapitel (2)
Die Lombardei und die Toskana, die fortschrittlichsten Provinzen Italiens, hatten große Geister hervorgebracht, aber sie waren zerrissen durch die Rivalität der Mächtigen und das Wüten der Bürgerkriege hatte sie beinahe zerstört. Die alten Konflikte der Guelfen und der Ghibellinen flammten wieder auf, diesmal im Namen der Bianchi und der Neri. Die Ghibellinen und die Bianchi waren Anhänger des Kaisers, sie unterstützten seine Vorherrschaft über alle Gebiete, seien sie kirchlicher oder weltlicher Natur; die Guelfen und die Neri traten für die Freiheit ein. Florenz war das Hauptquartier der Guelfen. Sie nutzten die Macht des Papstes für ihre Zwecke aus – und umgekehrt.
Die Spaltung der Bianchi und Neri fand in Pistoia statt, einer wichtigen Stadt zwischen Florenz und Lucca. Als die Neri aus Pistoia vertrieben worden waren, ließen sich die Exilanten in Lucca nieder und wurden so stark, daß sie 1301 die Bianchi verjagen konnten, darunter Castruccio Castracani dei Antelminelli. Die Antelminellis waren die vornehmste Familie von Lucca. Sie waren mit den Kaisern in die Italienischen Kriege gezogen und dafür mit Titeln und Belohnungen ausgezeichnet worden. Castruccios Vater war das Oberhaupt des Hauses, er war ein Anhänger des unglücklichen Königs Manfred von Neapel gewesen und seine Loyalität gegenüber den Ghibellinen wuchs noch durch seine Verehrung für seinen Herrn. Manfred war der uneheliche Sohn des letzten Kaisers aus dem Haus der Staufer. Er hatte schon vor seinem zwanzigsten Geburtstag die größten Taten vollbracht und die romantischsten Abenteuer erlebt – und immer war Castruccios Vater an seiner Seite gewesen. Die gnadenlose Feindschaft, mit der die nächsten Päpste seinen königlichen Herrn verfolgten, säte einen Haß in seinem Herzen, der noch mehr wuchs durch die Verachtung, die er für ihre Feigheit und Gerissenheit hegte.
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